Die Entscheidungsdatenbank befindet sich zur Zeit noch im Aufbau. Nach und nach werden wir hier weitere Entscheidugen einstellen und entsprechend in Bezug auf die Doppelresidenz kommentieren.
Leitsatz:
1. Bei einer nachhaltig zerrütteten Elternbeziehung und daraus resultierenden erheblichen Belastung für das Kind entspricht es regelmäßig dem Wohl des Kindes am besten, die gemeinsame elterliche Sorge vollständig aufzulösen.
2. Ein paritätisches Wechselmodell kann gegen den Willen eines Elternteils mangels einer ausreichenden Rechtsgrundlage vom Familiengericht nicht angeordnet werden (gegen OLG Schleswig, 5. Familiensenat, SchlHA 2014, 456).
3. Bei starken Konflikten bzw. einer eingeschränkten Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit/-bereitschaft der Eltern entspricht die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells nicht dem Kindeswohl.
Zuerst einmal muss festgestellt werden, dass das OLG hier in seiner rechtlichen Bewertung grundlegend falsch geurteilt hat da es davon ausgegangen ist und aus seiner Sicht umfangreich begründet hat, dass die Gerichte eine paritätische Doppelresidenz nicht anordnen könnten. Dies lässt natürlich die Frage offen, ob der Senat zu einer anderen Bewertung gekommen wäre, hätte er sich nicht von dieser falschen rechtlichen Einschätzung leiten lassen.
In der Entscheidung muss man hier von zwei Ebenen ausgehen: vom Sorge- und vom Umgangsrecht.
Den Ausführungen im Beschluss folgend schienen sich die Eltern bei grundlegenden Fragen nahezu immer uneinig zu sein und keine Einigung zu finden, wobei man dem Vater hier wohl die größere Konsensbereitschaft zu unterstellen schien. Das man ihm deshalb die Entscheidung in wesentlichen Bereichen übertrug um Streit zu vermeiden scheint nachvollziehbar, zumal bei der Mutter im Gutachten wohl auch gewisse Einschränkungen der Erziehungsfähigkeit nachgewiesen wurden. Ob es deshalb der Übertragung der gesamten elterlichen Sorge auf den Vater bedurft hätte sei dahingestellt, möglicherweise wären auch Teilbereiche ausreichend gewesen um der Mutter weiterhin auch ein Informationsrecht z.B. in schulischen oder medizinischen Fragen zu gewähren.
Viele der Probleme konnte aber auch der Beschluss nicht lösen, da diese im Rahmen des Umgangsrechtes auftraten. Ob aufgrund der festgestellten höheren Belastungen des Kindes bei der Mutter und deren eingeschränkter Erziehungsfähigkeit eine paritätische Doppelresidenz die Lösung gewesen wäre muss tatsächlich in Frage gestellt werden.
Was aber ist mit den weiteren Problemen im Rahmen des Umgangs? Wie informieren sich die Eltern, wie können Absprachen getroffen werden? Hierzu liefert der Beschluss keine Auskunft und es ist zu befürchten, dass auf diesen Feldern die Streitereien der Eltern weiter gehen.
Helfen können hätten Anordnungen, die den Eltern klare Vorgaben für eine parallele Elternschaft liefern und die Berührungs- und Konfliktpunkte soweit als möglich reduzieren (Tanzkurs, Kindergeburtstag, Telefonate, Umgangstagebuch, Fragen der Ernährung um nur einige aus dem Beschluss zu nennen).
Insofern ist auch die verfahrensrechtliche Trennung von Sorge- und Umgangsverfahren zu hinterfragen. Viele im Sorgerechtsverfahren vorgetragenen Probleme betreffen eigentlich den Umgang und brauchen andere Lösungen.
Festzustellen bleibt, dass nicht die Doppelresidenz an sich das Problem war sondern das Verhalten der Eltern. Die Belastungen für das Kind werden voraussichtlich auch bei anderen Umgangsmodellen weiter bestehen.
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