Download unter https://doi.org/10.1080/15379418.2018.1425105
In seinem aktuellsten Forschungsbericht befasst sich Michael E. Lamb mit den vorliegenden Erkenntnissen rund um die Betreuung von Kleinkindern getrennter Eltern. Er setzt sich dabei mit den vorliegenden Erkenntnissen auseinander und beleuchtet dabei auch kritisch die Aussagekraft einiger Studien, beispielsweise von Tornello oder McIntosh, welche oftmals als Argumente gegen die Doppelresidenz angeführt werden.
So ließen die Studien von McIntosh aufgrund der Stichprobenauswahl - nur wenige der Kinder hatten überhaupt und wenn, dann nur sehr geringe Kontakte zu ihren Vätern - keine Aussagen zur Doppelresidenz zu. Auch ließen die abgeleiteten Fragen oftmals nicht die getroffenen Schlüsse zu, was die Bindung zu beiden Eltern betrifft. Auch Kinder zusammenlebender Familien als Vergleichsgruppe blieben in der Betrachtung außen vor. Nach Nielsen und Warshak hat nun also auch Lamb sich noch einmal ausführlich mit McIntosh´s Fehlannahmen beschäftigt.
Tornello wiederum bezog seine Ergebnisse aus einer Stichprobe, in der lediglich schwierige und Hochrisikofamilien betrachtet wurden. Auch wird angeführt, dass aus in der Studie der Schluss gezogen wurde, dass Kinder mit häufigem Kontakt zu ihren Vätern eine schlechtere Bindung zu ihren Müttern hätten. Nicht beachtet wurde hierbei, dass die Mehrzahl dieser untersuchten Kinder überwiegend bei ihren Vätern lebte. Die Frage hätte also eigentlich eher in Richtung der Vater-Kind-Bindung gestellt werden müssen. Trotz dieser sehr schwierigen Stichprobenauswahl konnte festgestellt werden das die Gruppe der häufig übernachtenden Kinder im Alter von 5 Jahren weniger Verhaltensauffälligkeiten zeigte als die mit wenigen Übernachtungen.
Zusammenfassend stellte Lamb fest (Übersetzung durch Markus Witt, Sprecher doppelresidenz.org)
Ungeachtet dieser Qualifikationen und Einschränkungen zeigen die verfügbaren Forschungsergebnisse, dass, wie von der Bindungs-Theorie vorhergesagt, Übernachtungen die Bindung mit jenen Eltern stabilisieren, der nicht überwiegend mit ihren Kindern zusammenleben. Studien von Pruett et al. (2004) und Fabricius und Suh (2017) haben deutlich positive Effekte gezeigt, während Studien, die vermeintlich negative Auswirkungen gezeigt haben in ihrer Ausführung derart mangelhaft waren, dass ihre Schlussfolgerungen nicht stichhaltig sind.
Wichtig ist, dass es keine eindeutigen Beweise gibt, dass Übernachtungen beim anderen Elternteil verlässlich und durchweg negative Auswirkungen auf die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung zum überwiegend betreuenden Elternteil oder auf die psychische Anpassungsfähigkeit der Kinder hätten.
Natürlich sind die offenbarten positiven Effekte nachvollziehbar, wenn Kinder die Möglichkeit hatten, vor einer Trennung eine Beziehung zu beiden Elternteilen aufzubauen. Wenn das nicht der Fall ist, [also keine Beziehung vor der Trennung zum anderen Elternteil bestand, Anm. des Übersetzers] wären Übernachtungen beim anderen Elternteil nicht angebracht, bis die Beziehungen durch regelmäßige Kontakte aufgebaut worden wären, welche es beiden ermöglichen in verschiedenen Situationen zu interagieren (siehe Kelly & Lamb, 2003, für eine ausführlichere Diskussion).
Übernachtungen auch von Kleinkindern bei beiden Eltern stärken die Bindung der Kinder an beide Eltern und führen in der Regel zu weniger psychischen Problemen der Kinder. Damit knüpfen auch die Erkenntnisse zum Wohlergehen von Kleinkindern an die Feststellungen an, die bereits für Schulkinder umfangreich nachgewiesen werden konnten.
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