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Berlin, 06.01.2022
Unwissenschaftlich, falsch zitierend, in den Hauptaussagen völlig unbelegt und widersprüchlich. Das Urteil eines aktuellen Fachartikels zur Studie „Familienmodelle in Deutschland“ (FAMOD) fällt vernichtend aus. Für deren medienwirksam publizierte Hauptaussage, dass ein asymmetrisches Wechselmodell kindeswohldienlicher wäre, gibt es keine belastbaren Belege. Wurden erneut Studienergebnisse manipuliert, um politisch erwünschte Ergebnisse zu erhalten?
Seit Jahren werden deutsche Forschungsergebnisse zu Betreuungsmodellen nach einer Trennung mit Spannung erwartet. Im Frühjahr 2020 erschien die Studie „Familienmodelle in Deutschland“ (FAMOD) der Professoren Anja Steinbach und Tobias Helms. Diese kamen zu der als Hauptaussage publizierten Erkenntnis, dass das asymmetrische Wechselmodell, bei dem die Kinder also weniger als 50% der Zeit bei einem Elternteil verbringen, kindeswohldienlicher sei als das symmetrische Wechselmodell. Damit standen die Erkenntnisse dieser Studie im deutlichen Gegensatz zu internationalen Forschungsergebnissen. Eine umfangreiche Analyse dieser Studie ergab nun, dass die Aussagen der Studienautoren widersprüchlich, nicht belastbar und an einigen Stellen nachweisbar falsch sind. Zudem wurden fast ausschließlich Mütter befragt und vorliegende Informationen von Vätern zumeist nicht in die Auswertung mit einbezogen.
„Es besteht der begründete Verdacht, dass hier politisch und juristisch gewünschte Ergebnisse produziert wurden und die Studie wie ein trojanisches Pferd als Täuschung platziert wurde, um eine Grundlage für gesetzgeberische Entscheidungen zu erhalten, welche sich wissenschaftlich nicht begründen lassen“, erklärt Markus Witt, Sprecher von doppelresidenz.org und Autor der umfangreichen Auswertung. Ihre Kernaussage publizierten die Autoren lediglich in Deutschland. International trafen sie diese Aussagen bezeichnender Weise nicht. Eine neutrale, wissenschaftliche Aufarbeitung, wäre dringend erforderlich, um Schaden für die Wissenschaft abzuwenden. Und auch die Politik müsse handeln.
„Bisher hatte die Politik keinerlei Interesse an einer objektiven Betrachtung der Situation von Kindern getrennter Eltern gezeigt, sondern hielt eisern am Grundsatz „einer betreut, einer zahlt“ fest“, erläutert Witt. Man erwarte jetzt, dass die neue Bundesregierung, welche sich eine Stärkung der partnerschaftlichen Betreuung von Kindern nach Trennung in den Koalitionsvertrag geschrieben hat, sich erstmals ernsthaft mit internationalen, wissenschaftlichen Erkenntnissen auseinandersetzt und die lange überfälligen familienrechtlichen Reformen für ein zeitgemäßes Familienrecht mit einem Leitbild der Doppelresidenz umsetzt.
Die bereits 2015 in Auftrag gegebene und 2019 fertiggestellte Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ wird weiterhin vom Bundesfamilienministerium zurückgehalten, was Anfang 2020 aufgrund von Manipulationen des Ministeriums bereits zu einem handfesten Skandal führte, in den auch die Leiterin des Deutschen Jugendinstituts, Prof. Sabine Walper, verwickelt ist.
Das Aktionsbündnis doppelresidenz.org hatte bereits 2018 eine Petition mit über 17.000 Unterschriften beim Deutschen Bundestag zu diesem Thema eingereicht, über die bis heute noch nicht entschieden wurde. Bereits 2015 verabschiedete die Parlamentarische Versammlung des Europarates die einstimmig angenommene Resolution 2079(2015), welche eine Einführung der Doppelresidenz / Wechselmodell in allen 47 Mitgliedsstaaten als Leitbild forderte. Die bisherige Bundesregierung verwies lediglich darauf, dass eine Umsetzung dieser Resolution in Deutschland nicht geplant sei.
Link zur Studien-Analyse bei ResearchGate: http://dx.doi.org/10.13140/RG.2.2.32370.63688
Weitere Informationen:
doppelresidenz.org ist ein vereinsübergreifendes Portal und Aktionsbündnis, welches aus der 2012 gegründeten Projektgruppe Doppelresidenz hervorgegangen ist. Ziel der Projektgruppe ist es, die vereins- und länderübergreifende Zusammenarbeit zur Förderung der Doppelresidenz zu betreiben.
Neben dem Portal doppelresidenz.org, das umfangreiche Informationen zur gesellschaftlichen, wissenschaftlichen, juristischen und politischen Entwicklung zur Doppelresidenz bereit stellt, ist das Bündnis auch auf Veranstaltungen aktiv, um Interessierte über Chancen und Grenzen der Doppelresidenz zu informieren. Eine Übersicht über die aktuellen Partner erhalten Sie auf www.doppelresidenz.org/Partner
Anstatt des Begriffes Wechselmodell verwenden wir den Begriff Doppelresidenz. Zum einen drückt es besser aus, dass die Kinder bei beiden Eltern „Zuhause“ und keine Besucher sind. Zum anderen finden in der Doppelresidenz zumeist weniger Wechsel zwischen den Elternhäusern statt als im häufig gelebten Residenzmodell. Der Begriff Wechselmodell ist daher aus unser Sicht missverständlich.
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