Nach einer organisatorisch bedingten längeren Sommerpause unseres Newsletters melden wir uns mit neuem Elan zurück, um einen kurzen Überblick über die aktuelle Situation zu geben.
Die Diskussion rund um die Doppelresidenz nimmt zusehends Fahrt auf. Das OLG Hamm hat kürzlich gezeigt, dass auch bei Streit über größere Entfernungen eine Doppelresidenz angeordnet werden kann, wenn die Eltern entsprechende Möglichkeiten haben. Das Kammergericht Berlin (19 UF 71/17 vom 30.04.2018, FamRZ 2018, 1324-1329) hat in einem anderen Beschluss klargestellt, dass im Vergleich der verschiedenen Betreuungsmodelle auch im Falle von Streit der Eltern die Doppelresidenz von Vorteil sein kann. Hier hat das Gericht tatsächlich einmal die Betreuungsmodelle konkret gegenübergestellt und verglichen. Gerade trotz der schlechten Kommunikation der Eltern wurde die Doppelresidenz als stabilisierende Maßnahme angeordnet. Nicht das Betreuungsmodell war hier das Problem, sondern das Verhalten der Eltern. Wir werden beide Entscheidungen noch in unserer Rechtssprechungsdatenbank ausführlich kommentieren.
Licht und Schatten gab es auch rund um den Deutschen Juristentag, der diese Woche in Leipzig stattfand. Grundsätzliche Einigkeit bestand darin, dass das Unterhaltsrecht grundlegend zu reformieren sei und eine „Mitbetreuung“ bereits ab einem Betreuungsanteil von 30% zu sehen sei. Konkret zur Doppelresidenz bemühten sich verschiedene Vertreter von Interessenverbänden zu betonen, dass es zu den Auswirkungen der Doppelresidenz ja keine wissenschaftlichen Erkenntnisse gebe. Schon ein Blick auf unsere Seite hätte zum Nachdenken anregen können. Leider kommen diese und weiter Vorurteile immer wieder von denselben Protagonisten, welche sich schon gegen die Einführung der gemeinsamen elterlichen Sorge gewendet haben.
Die gemeinsame Sorge wurde auf dem deutschen Juristentag als Leitbild der Sorgerechtsausübung mit überwältigender Mehrheit angenommen und man sprach sich ebenfalls dafür aus, das gemeinsame Sorgerecht ab Geburt auch für nichteheliche Väter gesetzlich zu verankern. Angesichts der massiven Widerstände, welche sich 2010 – 2013 gegen die gemeinsame Sorge auftürmten ist die Entwicklung schon beachtlich. Die gemeinsame Sorge hat sich bewährt, die Eltern können diese weit überwiegend auch ausüben. Auch in der Rechtsanwendung hat diese sich bewährt – im Rahmen der Evaluation der Gesetzesänderung sprachen sich auch weite Teile der Richter für das Leitbild der gemeinsamen Sorge aus.
Wir wagen hier mal eine Prognose: genau so wird es mit der Doppelresidenz auch kommen. Und auch dem häufigen Argument „Streit“ wird sich mit der Zeit der Boden entziehen. Nicht nur, dassauf breiter empirischer Basis bereits erwiesen wurde, dass es auch im Streitfall Kindern in Doppelresidenz besser geht als Kindern im Residenzmodell. In Australien ist z.B. nach Einführung der Doppelresidenz als gesetzliches Leitbild die Zahl der hochstrittigen Trennungen um über 40% zurückgegangen ist. All dies sollte Ansporn sein, sich mit den vorliegenden Fakten auseinander zu setzen und alte Vorurteile über Bord zu werfen.
Wer noch immer Fragen hat wie es Kindern geht, die in der Doppelresidenz aufwachsen und wie man Regelungen finden kann, dem sei vom 22. – 23. November die 4. Internationale Konferenz des International Council on shared Parenting( ICSP) in Strasbourg ans Herz gelegt. Dort trifft sich das who is who der internationalen Forschung, um sich über aktuelle Erkenntnisse auszutauschen. Eine Anmeldung ist noch möglich.
Das wir in der Sommerpause nicht untätig waren zeigt einen Blick auf den aktuellen Stand unserer Petition: 9.034 Mitzeichner konnten wir bereits gewinnen, mit zahlreichen Infoständen in ganz Deutschland und viele ehrenamtlichen Engagement unseres Petitionsteams und vieler weiterer engagierter Helfer haben wir damit die mit weitem Abstand größte Petition zur Doppelresidenz. Allen ehrenamtlichen Helfern an dieser Stelle ein ausdrückliches Dankeschön verbunden mit der Bitte, auch weiterhin aktiv zu sammeln. Wer selbst einen Infostand in seiner Stadt machen möchte, kann sich unter petition@doppelresidenz.org mit unserem Petitionsteam in Verbindung setzen, die dann entsprechendes Material und Unterstützung zur Verfügung stellen.
Ein positives Signal erreichte uns noch kurz vor Schluss dieser News: Experten im Bundesfinanzministerium plädieren für eine Abschaffung des Ehegattensplittings, was wir ausdrücklich begrüßen. Dieses Relikt aus früheren Zeiten drängte Eltern oft ungewollt aus wirtschaftlichen Gründen in die Rollen Versorger / Hausfrau und behinderte damit eine freie Entscheidung der Partner. Dies führte nach einer Trennung dann häufig zu Problemen. Mit der Abschaffung des Ehegattensplittings würde sich für Eltern eine echte Wahlfreiheit ergeben, mit der sie untereinander unabhängig von wirtschaftlichen Zwängen aushandeln können, wie sie gemeinsam Beruf und Familie leben wollen. Der schon seit langem bestehende Wunsch „den Vätern mehr Familie, den Frauen mehr Karriere“ könnte dann deutlich besser als bisher nachgekommen werden.
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